Freitag, 14. November 2014

Wie "nachhaltig" ist Kaffee eigentlich?

Als verantwortungsvolle Konsumentin und als wacher Bürger wünscht man sich möglichst nachhaltig zu leben. Damit wird ein Lebensstil gemeint der bewussten Umgang mit Ressourcen voraussetzt und Mensch und Umwelt respektvoll behandelt. Leider wurde aber dieser einst sinn-volle Begriffe über die Jahre zu einer leeren Worthülse mit inflationärem Gebrauch. Politik und Wirtschaft haben das Wort für sich gepachtet und in ein grünes Mäntelchen verwandelt welches ganz schön viel Kohle reinbringt. Verantwortungsvoll sein liegt anscheinden im Trend und beruhigt das Gewissen. Und lässt sich damit gutes Geld verdienen ist der Wirtschaft die eigentliche Bedeutung des Wortes egal, hauptsache die Kasse stimmt.

Kein Wunder deshalb gibt es kaum einen Tag, an dem nicht ein neues Label auf den Mark kommt welches uns verspricht, Gutes zu Tun. Sofern wir das damit beklebte Produkt kaufen. Über die grassierene Labelitis haben wir bereits in diesem Artikel (Das einzige Label das die Welt wirklich braucht) gesprochen. Heute möchten wir der Frage auf den Grund gehen was nachhaltiger Kaffee überhaupt bedeutet.

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Nachhaltig, um dieses Gummiwort erst mal zu definieren, bedeutet eigentlich folgendes: Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip zur Ressourcen-Nutzung, bei dem die Bewahrung der wesentlichen Eigenschaften, der Stabilität und der natürlichen Regenerationsfähigkeit des jeweiligen Systems im Vordergrund steht. Mit der Arbeit der Brundlandt-Kommission der UN und der darauf folgenden UN Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 wurde ein Begriffsverständnis von Nachhaltigkeit salonfähig, das verschiedene politische Interessen vereinen sollte; dabei sollten umweltpolitische Ziele den ökonomischen und sozialen Entwicklungszielen gleichgestellt werden. Die Bezeichnung Nachhaltigkeit wird hier als Zielbündel verwendet: dauerhaft stabile Gesellschaften seien zu erreichen, indem ökologische, ökonomische und soziale Ziele nicht gegeneinander ausgespielt, sondern gleichrangig angestrebt würden. Dieses Begriffsverständnis von Nachhaltigkeit enthält den Anspruch, dass diese Ziele für alle Länder der Welt (globale Gerechtigkeit) und für künftige Generationen (Generationengerechtigkeit) gelten.
Wer sich vertieft mit der Problematik der Begrifflichkeit auseinandersetzen möchte, dem sei auch der Wikipedia-Artikel "Nachhaltige Entwicklung" empfohlen.

Nachhaltiger Kaffee bedeutet also Kaffee, der ökologischer Herkunft ist, ökonomisch sinnvoll und soziale Ansprüche bedient. Solange die ökonomische Komponente Bestandteil des Nachhaltigkeitsbegriffes ist, basiert dieser immer auf Wirtschafsmodell des Wachstums. In einer Welt der begrenzten Ressourcen ist unbegrenztes Wachstum allerdings ein Ding der Unmöglichkeit, wer daran glaubt entweder ein Verrückter oder ein Ökonom wie Kenneth E. Boulding sagte. Im weiteren setzt sie eine Gesellschaft voraus in der sich Leistung lohnen muss. Da stellen sich grundsätzliche Fragen der Weltanschauung, die jeder für sich beantworten muss.

Lassen wir also die ökonomische Komponente mal aussen vor und betrachten wir die zwei restlichen. Was ist ökolgischer Kaffee? Auch zur Ökologie kann man bei Wikipedia eine ganze Abhandlung lesen. Als Normalbürger und Konsument verstehen wir darunter ein Produkt, das aus möglichst natürlichem Anbau stammt. Je weniger es dabei mit synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln in Berührung kam desto besser. Hier stellt sich nun die grosse Frage: Was ist erlaubt und wieviel ist erlaubt? Da hier natürlicherweise die Ansichten auseindergehen, eine Abgrenzung und damit Kontrollen gefragt sind braucht es Zertifizierungen und somit Labels. Logischerweise müsste ja der, der ein bisschen synthetische Hilfe braucht ein bisschen Labeln und der, der ganz ohne Boden auskommt, also im Winter Hors sol-Tomaten im geheizten Treibhaus produziert alle synthetischen Hilfs-, Nähr- und Zusatzstoffe deklarieren. Leider ist unser Wirtschaftssystem aber nicht logisch aufgebaut und deshalb müssen alle Bauern, die arbeiten so wie es ihre Väter und Urgrossväter schon taten dies teuer beweisen und Ihre Produkte mit einem Bio-Kleber versehen oder Plastikfolie verschweissen. Was für ein Unsinn!
Was also ist ökologischer Kaffee? Nun, diese Frage muss eigentlich jeder für sich beantworten. Wieviele Spritzmittel akzeptieren Sie in Ihrem Bio-Kaffee? Das Bio-Label ist nämlich keine Garantie für ein vollständig natürliches Produkt. Wir glauben, da macht sich niemand mehr was vor ... Wobei die Frage Bio oder nicht eigentlich nur einen kleinen Teil ausmacht. Das wirklich grosse ökologische Problem beim Kaffee ist die Verarbeitungsart. Der meiste Kaffee wird gewaschen und das ist eine ökologische Katastrophe über die wir bereits in dem Beitrag "140 Liter Wasser für eine Tasse Kaffee" informiert haben. Für uns ist deshalb der ökologischste Kaffee den es überhaupt gibt im Urwald gewachsener und an der Sonne getrockneter Wildkaffee.

Kommen wir zur sozialen Komponente. Was ist sozialer Kaffee? Hier ist es ähnlich wie bei der ökologischem. Es braucht Labels um zu beweisen wie fair ein Produkt gehandelt wurde. Was aber heisst fair? Sind alle - von der Produktion bis zum Verbraucher - beteiligten Personen einverstanden mit der Definition von fair? Schade überhaupt, dass es dazu ein Label braucht, das im übrigen auch bezahlt werden muss ... Auch hier stellt sich dem Verbraucher die Frage, wieviel Vertrauen er einer Zertifizierungsorganisation delegieren will, bzw. muss, weil er sich ja nicht einfach so ein Bild vor Ort machen kann. Die Grundidee, benachteiligten Kleinproduzenten stabile Preise, Marktzugang und faire Arbeitsbedingungen zu verschaffen, ist unumstritten. Und sicher ist auch, dass dank dem Fairtrade-Engagement in den letzten Jahren einiges verbessert wurde. Leider wird Fairtrade heute zunehmend zur Massenware, an dem nicht nur Fairtrade-Lizenzgeber und Kontrollinstitute, sondern auch Industrie und Handel gutes Geld verdienen. Je breiter das Label vermarktet wird, je mehr muss es auch den Bedürfnissen von Grossproduzenten und -Konzernen entsprechen. Und je mehr Fairtrade-Produkte auf dem Markt sind, je stärker wird der Verdrängungswettbewerb und schlussendlich der Druck auf die Abnahmepreise (Mindestpreise) bei den Produzenten im Ursprung. Dazu braucht es, im bereits dichten Labelwald, nicht noch mehr neue Labels und Begriffe wie Direct Trade (in den meisten Ländern ist dies gar nicht möglich weil es eine Exportlizenz braucht, die kostet viel Geld und die können sich die Bauer oder Kooperativen oft gar nicht leisten ...), etc. die wie Pilze aus dem Boden schiessen, sondern ehrliches Commitment und Transparenz. Ein partnerschaftliches, gemeinsames Wirtschaften auf Augenhöhe mit den Produzenten im Ursprung. Sie stellen erstklassige, ökologisch saubere und sozial verträgliche Rohstoffe her. Dafür erhalten sie angemessene Preise, die es ihnen erlauben, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und in ihre Infrastruktur zu investieren. So dreht sich die Spirale für alle Beteiligten nach oben. Was also ist sozialer Kaffee? Eine abschliessende Antwort wird es kaum geben.

Nun haben sich findige Unternehmen aus dem Lebensmittelsektor daran gemacht neue Labels zu kreieren die aufräumen sollen mit dem Wildwuchs. Statt zwei Label, bio und fair, braucht es nur noch eines: UTZ zum Beispiel heisst so ein Wunderding, Rainforest Alliance ein Anderes. Die Idee ist gut, nur sind die Bedingungen in den meisten Bereichen wässriger, was nicht verwundert wen man weiss, dass dieses von der Industrie kreiert wurde und nicht von einer unabhängigen Goodwill-Organisation. Was die Erklärung von Bern, ein gemeinnütziger, unabhängiger Verein, der sich seit mehr als vierzig Jahren für gerechtere Beziehungen zwischen der Schweiz und von der Globalisierung benachteiligter Länder einsetzt davon hält können Sie hier nachlesen. Zwar nimmt diese Analyse auf den Kakao-Anbau Bezug, die Standards gelten aber genau so für den Kaffee-Handel.

Dass sich gemeinsames wirtschaftliches Handeln sowie ökologische und soziales Verantwortung erfolgreich vereinbaren lassen, zeigt auch das Beispiel von Kaffa Wildkaffee. Schlussendlich trägt jede und jeder von uns mit einem bewussten Konsum dazu bei, dass sich die Bedingungen für die Schwächsten in der Wertschöpfungskette "nachhaltig" verbessern. Achten wir mehr auf die Herkunft, Qualität und Verarbeitung unserer Produkte anstatt uns von Labels und Schnäppchen leiten zu lassen. Ein weiteres konkretes Beispiel unseres Engagements ist die Unterstützung des Projektes Kaffakocher. Bei diesem Crowdfunding-Projekt geht es darum, dass dank einem vor Ort gebauten Low-Tech Pyrolysekocher aus Kaffeeabfall Kochenergie wird.

Eigentlich müsste ein neues Wort kreiert werden für Produkte die ökologisch, sozial und gut sind. Slow wäre so ein Wort. Slow Food ist gut, sauber, fair. Gut im Geschmack, sauber, bzw. so natürlich wie möglich und fair in der Produktion. In diesem Sinne ist Kaffa Wildkaffee ganz sicher Slow Coffee. Aber für unseren Anspruch ist das zuwenig. Wir suchen ein Wort das "Nachhaltig" ersetzt und das noch stärker ist als Slow. Haben Sie eine Idee?

Gerne erklären wir Ihnen mehr dazu bei einer feinen Tasse "nachaltigen" Wildkaffee am diesjährigen Slow Food Market der von heute Freitag bis am Sonntag in der alten Messehalle (9) in Zürich stattfindet. Wir freuen uns auf Ihren Besuch am Stand 181.

Copyright Bild Nachhaltigkeit:„Nachhaltigkeit“ von Kitaki test2 - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Nachhaltigkeit.jpg#mediaviewer/File:Nachhaltigkeit.jpg

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