Donnerstag, 25. Juni 2015

Kaffeerevolution fordert erstes prominentes Opfer

Revolutionen, ob friedlich oder gewaltsam, fordern Opfer. Dass diese meist in bereits benachteiligten, sozial schwachen Bevölkerungsschichten zu finden sind ist bedauerlich aber leider unvermeidbar. Kollateralschäden dienen ja einem höheren Ziel und als Märtyrer zu sterben hat ja auch etwas Erhabenes an sich ... Umso erstaunlicher scheint uns deshalb die Tatsache, dass das erste Opfer der Kaffeerevolution nicht ein kleiner Röster im Schächental ist sondern ein weltweit bekanntes, prominentes Unternehmen mit Sitz in Seattle. Unter uns gesagt, können wir uns ein bisschen Schadenfreude nicht verkneifen.


Aber um welche Kaffeerevolution handelt es sich denn und wer ist denn nun das prominente Opfer? Es scheint, dass die nun auch nicht mehr ganz neue Third Wave oder auch nordische Kaffeerevolution nicht nur unsere heiss geliebten Espressi stehlen will, sondern auch bei denen wütet, die mit der zweiten Welle ganz gross geworden sind. Für alle die nicht 24 Stunden am Tag an Kaffee denken öffnen wir hier eine kleine Geschichtsklammer.
Die erste Kaffeerevolution fand in den 50er-Jahren statt als Kaffee industriell abgepackt und in Supermärkten zum Verkauf angeboten wurde. Plötzlich konnte sich jeder Kaffee leisten, ein Produkt das vorher nur Besserverdienenden vorbehalten war. Dennoch blieb Kaffee eher ein Luxusgut.
Die zweite Kaffeerevolution meint das boomende Außer-Haus-Geschäft, das durch die weite Verbreitung von Espressomaschinen in den 70er und 80er Jahren seinen Lauf nahm. Dieser Hype gipfelte im ToGo-Geschäft und Kaffeegetränken mit viel Milch, Sirup und künstlichen Aromen, die den eigentlichen Kaffeegeschmack kaum noch erahnen lassen (und so billigen Bohnen die Tür geöffnet haben). Auch Nespresso & Co. sind Kinder dieser zweiten Revolution. Kaffee ist zum Lifestyle-Produkt verkommen.
Die 3rd Wave of Coffee, in der wir jetzt schwimmen, ist eine Weiterentwicklung des Kaffees in Form einer Rückbesinnung. 
Der eigentliche Kaffeegeschmack tritt in den Mittelpunkt, für den Konsum nimmt man sich Zeit – genau wie für guten Wein. Kaffee wird als hochwertiges Produkt anerkannt. Ende der Klammer.
Und genau so wie die in immer schwierigerem Umfeld kämpfenden Fastfood-Ketten bringt das neue Qualitätsdenken nun eben auch einen Global Coffe Player in stürmische Gewässer. Ob das der sichere Tod bedeutet, wissen wir nicht, aber unbeschadet wird Starbucks die dritte Welle nicht überstehen.


Wenn wir das Raunen und Flüstern im Markt richtig interpretieren steht mit dem Unternehmen Blue Bottle Coffee schon der Nachfolger von Starbucks in den Startlöchern. Zahlreiche Promi-Investoren (U2-Sänger Bono, Morgan Stanley, Google Ventures) und berühmte Startup-Gründer (Twitter, WordPress, ...) haben in den letzten Monaten rund 115 Millionen US-Dollar in das Unternehmen investiert. Aber was hat Blue Bottle Coffee was Starbucks nicht hat? Der Kaffee, der nach alter Art in riesigen Glaskolben frisch aufgebrüht wird, soll „delicious“ sein. Genauso wie die Kekse und Waffeln. Doch als Nicht-Kaffee-Liebhaber schmeckt man den Unterschied nicht sofort. Und köstliche Cookies gibt es in den Szenebezirken von San Francisco, Los Angeles, New York und Tokio an jeder Ecke. Es ist also vor allem das gute Branding, das Blue Bottle Coffee zum auserwählten Liebling der Investoren macht. Und natürlich trifft Blue Bottle Coffee den Geschmack der wohlhabenden Kunden: Klasse statt Masse. Hochwertige Produkte, koste es was es wolle – nicht nur online, sondern auch offline. Diesen Hype wollen sich die ambitionierten Top-Investoren und die reichen Business Angels nicht entgehen lassen. Man könnte mutmassen, dass bald Städte wie Paris, London oder auch Zürich erobert werden. Dann wäre auch Blue Bottle irgendwann wieder Masse statt Klasse. Genauso wie Starbucks. Und Masse nivelliert die Qualität nach unten.


Deshalb sind langfristig erfolgreiche Third Wave Kaffeeunternehmen vor allem eines: Klein und Fein. Und für alle die schon lange mit dem Gedanken spielen - und das sind einige! - eine eigene kleine, feine Kaffeebar aufzumachen, empfehlen wir folgende Lektüre; und was das Ambiente betrifft, lassen Sie sich von den 13 weltbesten Coffee Shops inspirieren.

Übrigens ist auch Kaffa Wildkaffee ein Kind der dritten Kaffeerevolution. Seit zehn Jahren verschreiben wir uns qualitativ hochstehendem Kaffee aus zertifizierter Wildsammlung und rösten hier in der Schweiz für Liebhaber der italienischen und der nordischen Kaffeekultur.


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